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Die Gendiagnostik

Die Gendiagnostik kann helfen, Infektionen im Körper festzustellen. Doch es gibt noch mehr Möglichkeiten der Gendiagnostik, die auch an ethische Grenzen stoßen und deshalb heiß diskutiert werden. So ist es möglich, bestimmte Gene zu identifizieren, die mit der Entwicklung von Krankheiten und Eigenschafts-Merkmalen korrelieren. Diese Informationen sind persönlich und könnten missbraucht werden. Hier stellt sich die Frage, wie viel wir über die Zukunft unseres Lebens wissen dürfen, um es noch mit ruhigem Gewissen und guten Gefühls leben zu können.

Ein Ansatz der Gendiagnostik beginnt bereits während ein Leben entsteht. Bei der Präimplantationsdiagnostik (PID), die bis 2010 in Deutschland verboten war, werden Embryonen auf ihr Erbmaterial hin untersucht, um mögliche angeborene Gendefekte und damit möglicherweise verbundene Krankheiten festzustellen. Die PID kann nur bei einer künstlichen Befruchtung verwendet werden. Dafür müssen die Eizellen in einer kleinen Schale befruchtet werden (in vitro Fertilisation). Anschließend können die Zellen auf Chromosomenvollständigkeit und andere genetische Defekte untersucht werden. Theoretisch ist es sogar möglich, das Geschlecht des heranwachsenden Kindes zu bestimmen. Dies ist in Deutschland allerdings noch unzulässig. Nach der Diagnostik von möglichen Gendefekten, werden nur die Embryonen in die Gebärmutter implantiert, die keine Defekte aufweisen. Viele betroffene Eltern wünschen sich dies, um gesunde Kinder zur Welt bringen zu können.

Als Beispiel führen wir die Mukoviszidose, auch zystische Fibrose genannt, an. Diese Krankheit löst übermäßige Schleimproduktion aus. Der Grund liegt in der Fehlfunktion eines Ionenkanals für welchen das CFTR-Gen kodiert. Die am häufigsten vorkommende Mutation dieses Gens nennt sich ∆F508, welche bei 70 % der Betroffenen der Auslöser ist. Nur wenn auf beiden Allelen des Chromosoms 7 diese Mutation oder andere Mutationen dieses Gens festgestellt werden, dann entwickelt der Patient die Krankheit, denn sie wird rezessiv vererbt. Werdende Eltern können mit der PID eine befruchtete Eizelle auf eine Mutation des Chromosoms 7 überprüfen lassen. Bei einer Mutation kann die befruchtete Eizelle entsorgt werden.

Nicht nur rein naturwissenschaftliche Kriterien sollten bei der PID bedacht werden, wie beispielsweise die Fehlerrate der Ergebnisse einer PID. Auch und vor allem ethische Gesichtspunkte geben Kritiker zu bedenken. Sie sprechen davon, dass die PID gegen Natur und Religion verstoße, weil jedes Leben wertvoll und lebenswert sei, und nicht zwischen behinderten und nicht behinderten Neugeborenen unterschieden werden dürfe. Strittige Punkte sind natürlich auch die Grundsatzfragen: "Wann beginnt Leben?", "Ab wann ist die im Grundgesetz verankerte Würde des Menschen unantastbar?", "Ist ein Embryo ein Mensch?"

Gesetzlich ist die PID inzwischen auch in Deutschland für Eltern erlaubt, bei denen eine Veranlagung für schwere, erbliche Krankheiten vorliegt. Eine weitere vererbbare Krankheit ist die Sichelzellanämie. Sie führt dazu, dass die roten Blutkörperchen eine Sichelform annehmen, in welcher sie nicht in der Lage sind, ausreichend Sauerstoff zu transportieren. Lange Zeit fragte sich die Wissenschaft, ähnlich wie bei der Mukoviszidose, die hauptsächlich bei hellhäutigen Menschen auftritt, noch heute, warum dieser Gendefekt in Afrika bei einem Großteil der Bevölkerung vertreten ist. Der Grund wurde erst in jüngster Zeit gefunden, als Wissenschaftler entdeckten, dass Menschen mit diesem mutierten Gen resistenter gegen die schwere Verlaufsform der Malaria sind. Bei Malaria lagern sich die Erreger, wurmartige Einzeller, sogenannte Plasmodien, in die roten Blutkörperchen ein. Der Gendefekt bewirkt, dass die Lebensdauer der roten Blutkörperchen verringert wird, sodass das Plasmodium seinen Wirt nicht so lange nutzen kann und der Mensch damit resistent gegen Malaria ist. Doch Vorsicht, diese Resistenz bedeutet nicht, dass der Erreger den betroffenen Menschen keinerlei Probleme bereitet, sie haben nur einen Überlebensvorteil.

An diesem Beispiel sieht man wie kritisch die Diskussion ist, welche Genmutationen dazu führen darf, dass Embryonen nach einer PID vernichtet werden oder nicht. Werden dadurch vielleicht sogar Genmutationen systematisch aussortiert, welche in Zukunft überlebensnotwendig für längst vergessene oder erst noch bevorstehende Krankheiten sind?