Infomaterial

Brücken?

Brücken bauen...
...viel mehr als reines Überqueren von Flüssen, Gräben und Tälern!

Zeichen finden wir im Alltag und der Geschichte.
Die Bezeichnung des Papstes als „Pontifex Maximus“ (Höchster Brückenbauer) zeigt wie Brücken im übertragenen Sinne ein Teil der Verbreitung des christlichen Glaubens und der Eroberung der Welt durch die Römer wurden.

Jeder trägt täglich unbewusst Brücken mit sich! Auf der Rückseite der Euronoten finden wir Darstellungen von Brücken aus unterschiedlichen Epochen. Nicht ohne Grund wurden diese Skizzen auf die Gemeinschaftswährung der Europäer gedruckt. Als Zeichen der Verbindung und des überwinden von Grenzen stehen Brücken Pate des Zusammenwachsprozesses der europäischen Bevölkerung.

Nicht allein die Symbolik macht Brücken bedeutsam für uns. Als Teil unserer Infrastruktur nehmen Brücken einen hohen Anteil bei der Planung und Realisierung von Verkehrsprojekten ein.
Die Bundesrepublik Deutschland investierte in den vergangenen vier Jahren rund 60 Milliarden Euro in den Erhalt und den Neubau des Straßen-, Schienen- und Schiffsnetzes. Dies verdeutlichen die wirtschaftliche Bedeutung der Infrastruktur für die Gesellschaft - von der kleinen Behelfsbrücke zum Schutz der Tierwelt bis hin zu prestigeträchtigen, in den Medien gefeierten Rekordbrücken, entfällt ein beträchtlicher Teil der Investitionen auf Brückenbauwerke.

Geschichte des Brückenbaus

Von umgestürzten Bäumen zu filigranen Hightech-Brücken
Geschichte und Entwicklung des Brückenbaus hängen eng mit dem jeweiligen Wissenstand und den vorhandenen Materialien des Zeitalters zusammen.
Erste geschichtliche Überlieferungen aus China reichen zurück bis ins 6. Jahrhundert vor Christi, wo einfache Baumstämme und Zedernbüsche zur Überwindung von Hindernissen die Jagd vereinfachten. Diese sehr einfachen hölzernen Brücken zeigten dem Mensch auf, dass er mit ihrer Hilfe Gräben und Flüsse schnell und ohne große Umwege überqueren kann, um so seinen Bewegungsradius auf der Nahrungssuche zu vergrößern.

Der Gedanke, große Entfernungen in kurzer Zeit zurücklegen zu können, machte die Griechen und Römer während ihrer Eroberungszüge in der Antike auf Brücken aufmerksam. Mit ihnen fanden Steine als natürlicher Baustoff ihren Einzug in die Entwicklung des Brückenbaus. Erste Bogenbrücken entstanden. Eine Art "Ur-Beton" diente dem Ausgleich von Ungenauigkeiten zwischen den einzelnen, zusammengesetzten Steinen. Mit dieser Bauweise errichteten die Römer beeindruckende Brücken und Aquädukte (Wasserstraßen), die von ihrer Faszination bis heute nichts eingebüßt haben.

Ein reales Beispiel ist die Brücke bei Alcántara in Spanien (siehe Bild). Durch die Römer erbaut, knapp 1000 km von Rom entfernt! Mit einer Länge von 188 Metern einem Pfeilerabstand von 36 Metern und einer Höhe von 71 Metern beweist dieses Bauwerk seit Jahrhunderten seine Standhaftigkeit. Standhafter als ihre Erbauer! Verbunden mit dem Untergang des römischen Reiches ging auch ein Wissensverlust im Brückenbau einher.

Für einen längeren Geschichtsabschnitt, weit über das Mittelalter hinaus, blieben die Naturbaustoffe Holz und Stein die wesentlichen Baumaterialien im Brückenbau.

Im Sog der Industrialisierung kam der wohl bedeutendste Fortschritt in der Geschichte des Brückenbaus. Der erste nicht natürliche Baustoffstoff, Eisen, revolutionierte den Brückenbau. 1779 wurde die erste Gusseiserne Brücke in England über den Fluss Severn gebaut: die Ironbridge (Eisenbrücke, siehe Bild). Die neuen Eigenschaften des Eisens und die Weiterentwicklung zu zähem und zugfestem Schmiedeeisen (Stahl) sowie die Produktion von Walzträgern trieben die Spannweiten der Brücken von Rekord zu Rekord.

Neben den bekannten Bauformen wie Bogen- und Balkenbrücke konnten mit dem neuen Werkstoff neue Tragsysteme wie Hängeseil- oder Schrägseilbrücken realisiert werden. Damit waren den Spannweiten nahezu keine Grenzen mehr gesetzt. Eine der größten und wohl auch bekanntesten Brücken aus dieser Zeit ist die Golden Gate Bridge in San Francisco (siehe Bild). Sie wurde 1872 fertig gestellt und überspannt 2.730 Meter in einer Höhe von bis zu 235 Metern.

Trotz immer neuer Spannweitenrekorde, war die Zeit reiner Stahlbrückenkonstruktionen Ende des 18. Jahrhunderts vorbei. Gründe waren der steigende Stahlpreis durch die zunehmende Industrialisierung, sowie die Korrosionsanfälligkeit des Stahls, die sich immer mehr in Form von Rost an bestehenden Brücken bemerkbar machte. Die Golden Gate Bridge beispielsweise verschlingt jährlich tausende Liter Rostschutzfarbe - jener hat sie auch ihre schöne rote Farbe zu verdanken.
Diese Tatsachen machten den Brückenbau aus Eisen sehr wartungsintensiv und unwirtschaftlich.

Ein französischer Gärtner namens Joseph Monier fand 1875 durch Zufall die Lösung des Materialproblems.
Seit den ersten Versuchen der Römer mit dem "Ur-Beton" hat sich der Beton zu einem sehr druckfähigen und günstigen Werkstoff entwickelt. Problematisch für den Einsatz als Baumaterial war allerdings seine geringe Zugfestigkeit, die im Vergleich zu seiner Druckfestigkeit nur etwa 10 % betrug. Monier experimentierte in seinem Garten an neuen Blumenkübeln aus Beton und steigerte deren Festigkeit, indem er ein Eisendrahtgeflecht in den Beton einlegte. Monier kombinierte die positiven Eigenschaften der beiden Materialien. 1867 erhielt er darauf ein Patent und war damit der Begründer der Stahlbetonentwicklung. Sein Name stand seither für den lange gebräuchlichen Begriff "Moniereisen" für die Stahlbewehrung. Mit dieser Verbindung von Stahl und Beton zu dem neuen Werkstoff Stahlbeton wurden die positiven Eigenschaften des Eisens mit denen des Betons gekoppelt. In einem Verbund aus Beton und Stahl übernimmt der Stahl die Zugkräfte, wogegen der Beton Druckkräfte aufnimmt und zeitgleich für eine Korrosionsbeständigkeit des Stahls sorgt.

Diese hervorragenden Materialeigenschaften legten Anfang des 20. Jahrhunderts den Grundstein für die Entwicklung der Stahlbetonbrücken in Deutschland. Intensive theoretische und praktische Grundlagenforschung machte die Stahlbetontechnik schnell zu der wirtschaftlichsten Brückenbaumethode und löste Stein- oder Eisenbrücken ab. Die neue Methode erlaubte es auch klassische Tragwerksformen zu verlassen und nahezu jegliche äußere Form zu verwirklichen.

Auf der Suche nach immer schlankeren und filigraneren Brückenkonstruktionen entwickelte sich nach dem Ende des 2. Weltkrieges in Deutschland die Spannbetontechnik: Dabei wird die Tragfähigkeit und Verformung der Brücke durch in den Beton eingelegte Spannglieder, die nach Erhärten des Betons gespannt werden, verbessert. Wozu die Spannbetontechnik in der Lage ist, zeigt uns Christian Menn an der Sunnibergbrücke in der Schweiz auf eindrucksvolle Weise. Vergleicht man die Sunnibergbrücke mit der Alcántara Brücke der Römer, sieht man wohin die Entwicklung des Brückenbaus führte: Die Römer arbeiteten mit einfach statischen Systemen wie dem Bogentragwerk und setzten große Materialmengen ein. Heute sind die statischen Systeme hoch kompliziert und es lassen sich immer schlankere und filigranere Konstruktionen realisieren.

Sind die Spannbetonbrücken nun das Maß aller Dinge? Wohl kaum! Die Geschichte zeigt, dass mit der Werkstoff- und Wissensentwicklung auch neue Verfahren geschaffen werden. So laufen aktuell Versuche mit hochfesten Faser- und kohlefaserverstärkten Betonen, die in absehbarer Zeit in den Brückenbau Einzug halten werden. Welchen Einfluss diese Betonen auf die Brückenkonstruktionen haben werden, wird sich zeigen...